Vierundsiebzig von Ronya Othmann ist ein beeindruckender und tiefgründiger Roman, der sich mit den Themen Identität, Familie und Zugehörigkeit auseinandersetzt. Die Geschichte folgt der Protagonistin, die sich mit ihrer türkischen Herkunft und den damit verbundenen Herausforderungen in der deutschen Gesellschaft konfrontiert sieht. Der Titel des Buches, Vierundsiebzig, verweist auf die Zahl, die im Leben der Hauptfigur eine bedeutende Rolle spielt, und symbolisiert das Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Gegenwart, von Tradition und persönlichem Streben.
Othmanns Schreibstil ist eindrucksvoll und nuanciert. Sie schafft es, die inneren Konflikte der Protagonistin zwischen ihrer türkischen Familie und ihrer deutschen Umgebung mit einer sensiblen und zugleich direkten Sprache darzustellen. Der Roman ist von einer zarten Melancholie durchzogen, ohne dabei den Humor und die scharfsinnigen Beobachtungen zu verlieren. Die Autorin versteht es, mit Leichtigkeit zwischen den verschiedenen Ebenen der Erzählung zu wechseln und die verschiedenen Perspektiven der Figuren in ein Gesamtbild zu integrieren.
Im Zentrum des Romans steht nicht nur die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft, sondern auch die Frage nach Zugehörigkeit und dem, was es bedeutet, „zu Hause“ zu sein. Othmann verwebt die Geschichte der Protagonistin mit den größeren Themen der Migration und Integration und gibt dabei einen berührenden Einblick in die Komplexität der Identität im Kontext der modernen Gesellschaft. Das Buch lässt Raum für Reflexion und lädt dazu ein, über die eigene Herkunft und die Verbindungen, die uns prägen, nachzudenken.
Vierundsiebzig ist ein Roman, der mit seinem klugen Blick auf die Herausforderungen der Identität und die Bedeutung von Herkunft sowohl emotional als auch intellektuell bereichert. Ronya Othmann hat ein Werk geschaffen, das sowohl in seiner persönlichen Erzählweise als auch in seiner gesellschaftlichen Relevanz einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Es ist ein Buch, das in seiner Tiefe und Sensibilität zum Nachdenken anregt und die Leser dazu einlädt, die Komplexität der eigenen Identität zu erkunden.